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Beim Tabakanhängen

erzählt von Hans Volkert

Um 1940 begann die künstliche Trocknung des Tabaks in extra dafür errichteten Trockenschuppen.

Um das sehr arbeitsintensive Anhängen dieser Sonderkultur einzuschränken, erfand Landwirtschaftsrat Schoberth den nach ihm benannten Tabakstecken. Diese Vorrichtung bestand aus einer stärkeren und einer schwächeren Holzleiste von 1 m Länge. Auf der stärkeren Leiste waren in kurzen Abständen kleine Metallstifte genagelt, in welche die einzelnen Tabakblätter von den Anhängern gedrückt wurden. Auf die gefüllte Leiste wurde die schwächere Latte gelegt und das ganze Bandelier mit 3 Klammem zusammengehalten.

Durch diese neue Methode des Anhängens verlor die bisherige Arbeitsweise rasch an Bedeutung. Als Zwischenlösung kann man das maschinelle Anhängen bezeichnen. Unverkennbar diktierte hier bereits die Maschine das Arbeitstempo.
Wie aber ging das Tabakaufhängen früher vor sich?

Da saß also die ganze Familie – wenn es das Wetter erlaubte – im Freien, sonst unter dem Dach der Scheune oder Streuschuppen - auf niedrigen Hockern oder auf Strohsäcken, vor sich einen Haufen auf dem Acker abgebrochener Tabakblätter. Neben den Familienangehörigen des Bauern wurden auch oftmals familienfremde Helfer für diese Arbeit angeworben.

Tabak anhängen

 

Da die Tabakblätter eine klebrige Masse absonderten, bedeckten die Anhänger ihre vordere Körperseite mit einer Schürze oder auch nur mit einem Jutesack.

Beim Anhängen umfasste die eine Hand die etwa 25 bis 30 cm lange, auf der einen Seite zugespitzte flache Metallnadel, während die andere Hand ein Tabakblatt nach dem anderen durch die Rippen an die Nadel aufspießte, bis die Nadel voll war. Der Inhalt der Nadel wurde dann auf eine etwa 1 m lange Schnur geschoben die ihrerseits wieder über eine Öse mit der Nadel verbunden war. An beiden Enden des Tabakfadens wurde je eine Schlaufe angebracht die später zum Aufhängen des Bandeliers diente.

Jede/r Anhänger/in hatte darauf streng zu achten, dass die einzelnen Bandeliere richtig gefüllt waren. Weder durften in ihnen zu wenige Blätter enthalten sein, um keinen Trocknungsplatz zu vergeuden, noch durften sich zu viele Blätter in einem Bandelier befinden, was eine Trocknung nicht nur verzögerte, sondern dem Fäulnisprozess Vorschub geleistet hätte.

Da das Entgelt des Anhängers nach der Zahl der angefertigten Bandeliere bemessen wurde, achtete jeder auf die richtige Ermittlung seiner Leistung. Der Lohn betrug je Bandelier 5 Pfennige mit steigender Tendenz.
Wenn auch der bezahlte Stückpreis zu einem flotten Arbeiten anhielt, so blieb früher den Beschäftigten doch noch soviel Zeit für ein Liedchen oder für eine kleine Unterhaltung. Manche wahren und halbwahren Geschichten wurden da erzählt.



Die sicher nicht herausragende Entlohnung war vor allem von den Schulkindern begehrt. Kündigte die Tabakernte doch die nahende Kirchweih an. Und die kostete viel viel Geld. Sollte dann noch ein Teil des Verdienstes aus dem Ferienjob überlebt haben, die einige Wochen später stattgefundene Schwabacher Kirchweih verzehrte restlos das Überbleibsel.

zur Geschichte des Tabaks

Schwanstetten im Februar 2014

Alfred J. Köhl