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Waldschäden in unserer Gegend 
 
berichtet von Hans Volkert

Aus einer Chronik vom früheren Pfarrer Geiß aus Kornburg geht hervor, dass die Kiefernspannerplage bereits in den Jahren 1725 und 1793 hier wütete. In den genannten Jahren trieb man die Hausschweine in die Wälder, damit sie dort den Boden aufwühlten und die dort vorkommenden Raupen und Puppen gleich fraßen.


 

 

Der erste in den Wäldern Leerstettens bekannte "Raupenfraß" war im Jahr 1895. Damals wurden ganze Kolonnen von Waldarbeitern aus Württemberg und dem Bayerischen Wald in unserem Befallgebiet eingesetzt.

 

 

 

 

 

 



Einige dieser Helfer ließen sich hier nieder, z.B. die Vorfahren des Herrn Zeiher aus Mittelhembach oder die des Herrn König aus Großschwarzenlohe.
Im Jahr 1931 wurden zwischen Mai und August einige tausend ha Wald von den Raupen kahlgefressen. Betroffen waren vor allem die Wälder der Forstämter Schwabach und Allersberg sowie die Waldungen des Graf von Faber-Castellschen Forstamts und vieler privater Eigentümer. Die von den Raupen befallenen Bäume trieben jedoch im nächsten Jahr nochmals aus. Dann setzte ein erneuter Raupenbefall ein, von dem sich die meisten Bäume nicht wieder erholten.
In den Jahren 1933 und 1934 begannen die großen Aufforstungen. Die betroffenen Waldbauern lieferten tausende Ster Rundhölzer nach Nürnberg, wo sie zum Abbrennen eines großen Feuerwerks aus Anlass des Reichsparteitags verwendet wurden.
Nach den Erzählungen des Karl Volkert rückten damals über 400 Arbeitsmänner an, lediglich mit einem Spaten ausgerüstet. Zur Verbesserung des Waldbodens brachten sie Kalk aus. Anschließend erfolgte die Wiederaufforstung. Dabei wurde vor allem auf privaten Flächen erneut der Monokultur der Vorzug gegeben. An diesen staatlich gelenkten Arbeitseinsatz erinnert heute noch im Staatswaldrevier Richtung Spersberslohe ein kleiner, unscheinbarer Quellbrunnen.
(Die Quelle "im Kessel" im Leerrstettener Forst).

Im Juni 1986 bemerkte ein Landwirt aus Sperberslohe ein Rieseln auf seinem Schlepperdach und grün-bräunlichen Dreck auf seiner Plane. Es war der Kot der Raupen, die sich im Nadeldach der Bäume gütlich taten. Bereits im Jahr darauf kam es schon zu einer sprunghaften Ausbreitung der Kieferneule und der Nonne.


Die Kieferneule ist ein 3 bis 4 cm großer braun-weißer Schmetterling. Er schlüpft im April/ Mai aus der Puppe im Waldboden. Mitte Mai bis Anfang Juni legt der Falter seine Eier in den Waldbäumen ab. Nach ca. 10 Tagen schlüpfen daraus kleine Räupchen, die sich rasch fortentwickeln und mehrfach häuten.
Die Nonne ist ein schwarz-weiß gezeichneter Schmetterling. Sie legt im Juli/ August ihre Eier in die Baumrinde. Aus den Eiern schlüpfen im Mai des nächsten Jahres die Raupen, die zur Baumkrone hochkrabbeln und sich zunächst über die jungen Triebe, dann auch über die alten Nadeln hermachen. Anfang Juli verpuppen sich die Raupen in die Rinde, 2 bis 3 Wochen später schlüpft die neue Faltergeneration.


Die Forstleute hofften zunächst vergeblich, dass die nasskalte Witterung im Frühjahr 1987 einen Großteil der Schädlinge den Garaus machen würde. Ein Witterungsumschwung Mitte Juni mit Sonnenschein begünstigte schlagartig die Entwicklung der Schädlinge.
 
Wo 1986 an einer Kiefer noch 50 Raupen gezählt wurden, ermittelte man ein Jahr später bis zu 2000 Raupen je Baum. Die Schädlinge legten vor allem im letzten Raupenstadium einen ansehnlichen Appetit an den Tag. Innerhalb weniger Tage waren die befallenen Bäume kahlgefressen. Die Forstbehörde nebelte Anfang Juli 1987 einige Waldbezirke zwischen Brunnau und Sperberslohe vom Hubschrauber aus mit dem Mittel "Dimilin" ein.


Das in Wasser gelöste, auf Schmetterlingsraupen häutungshemmend wirkende Präparat wurde auf eine Fläche von ca. 1.100 ha versprüht. Trotzdem kam es in den angrenzenden Forstbezirken, vor allem zwischen Harrlach und Schwand, zu schweren Schäden. Auch rund um Furth zogen die Schädlinge die privaten Waldungen in große Mitleidenschaft. Die Forstbehörden waren sich seinerzeit nicht sicher, ob die kahlgefressenen Kiefern noch einmal austreiben würden. Sie räumten aber einem Großteil der Bäume durchaus Überlebenschancen ein, da 60 % der Knospen bereits neu angelegt waren.


Die Fachleute kamen aufgrund inzwischen durchgeführter Kontrollen und Bodenuntersuchungen zur Gewissheit, dass im Jahr 1988 mit einer Massenvermehrung der Schädlinge, vor allem im Dreieck Roth-Allersberg-Feucht zu rechnen sei. Deshalb erfolgte im Frühjahr 1988 eine verstärkte Schädlingsbekämpfung vom Hubschrauber aus. Diesmal wurden auch die Privatwälder in die Sprühaktion mit einbezogen. Die befallenen Waldstücke wurden je nach Schwere des Befalls mit farbigen Luftballons markiert. Zum Einsatz kam diesmal auch das umweltfeindliche Mittel "Ambush" (seit 2001 verboten).


Nach dieser Aktion trieb ein Teil der befallenen Bäume wieder aus im Bereich der oberen Wipfel. Aber für viele kahlgefressene Bäume schien es keine Rettung mehr zu geben. Nach Meinung vieler betroffener Waldbauern wäre es nicht zu dieser Massenvermehrung der Schädlinge gekommen, wenn die Forstbehörden bereits 1987 alle befallenen Waldflächen mit chemischen Mitteln bekämpft hätten.
Als man im ausgehenden Winter 1989 eine Bilanz im Forstamt Allersberg über die durchgeführte Bekämpfung der Waldschädlinge zog, stand fest, dass diese Aktion 1988 erfolgreich verlaufen war. Kieferneule und Nonne waren zu 99 % vernichtet. Im Sommer 1988 waren vornehmlich im Bereich des Forstamts Allersberg über 8.500 ha Wald besprüht worden, wobei fast 6.600 ha Privat- und Körperschaftswald waren.
 
Auf den Flächen, die 1987 betroffen waren, versprühte man 1988 "Ambush", ein Insektengift, das alle Insekten abtötete .Betroffen waren davon etwa 700 ha. Die restliche Fläche wurde mit "Dimilin" besprüht. Dieses Mittel war ungiftig und verhinderte bei den Raupen den Häutungsvorgang, was zu deren Absterben führte.
In den Wäldern, in denen 1987 bereits Kahlfraß geherrscht hatte, war es nicht möglich, die Bestände zu retten. Etwa 150 ha Wald musste als abgestorben betrachtet werden, wobei 1/3 auf kleine Privatwälder entfiel. Betroffen waren vornehmlich die Bereiche Furth-Harrlach-Schwand. Es wurden rund 30 Waldbauern geschädigt. Weitere fast 100 ha waren erheblich geschädigt, doch man hoffte, diese Waldflächen noch retten zu können.

Wo Kahlschlag angezeigt war, sollte man - wenn irgendwie möglich- einen "Schirm" stehen lassen, um eine erhebliche Bodenverschlechterung zu vermeiden. Dann war es leichter, dass sich auf diesen Flächen wieder Wald entwickeln konnte.




Das über die Waldbahn gelieferte Holz wird zur Verladung auf Güterwagen sortiert und zwischengelagert. (aus: Der Reichswald bei Nürnberg, Staatsforstverwaltung Bayern 1968)



Die Verladerampe am Bahnhof Dutzendteich. Viel Holz ging als Grubenholz in den Bergbau. (aus: Der Reichswald bei Nürnberg, Staatsforstverwaltung Bayern 1968)


Schwellenhauer für die Eisenbahn bei der Arbeit. Im Hintergrund die kahlgefressenen Kiefernbestände. (aus: Der Reichswald bei Nürnberg, Staatsforstverwaltung Bayern 1968)






Kahlgefressene Wipfel eines Kiefernbestandes an der Ortsverbindungsstraße nach Furth. Aufgenommen von Hans Volkert im März 1988.






Die Bäume im gleichen bestand treiben nach der Spritzung im Juli 1988 wieder aus.
(Hans Volkert)





Die stehen gebliebenen Bäume bilden einen "Schirm" für die Neuanpflanzung.
(Hans Volkert)


Zusammengestellt im Mai 2017 / bearbeitet im April 2023
Alfred J. Köhl