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Die Dreschmaschine kommt
aufgeschrieben von Hans Volkert

Das Getreide, also der Roggen, der Weizen. die Gerste und der Hafer, war längst in die Scheunen eingefahren worden, als eines Morgens im Spätherbst ein Sirenensignal den Beginn des Dreschens ankündigte.
 
Die nach dem l. Weltkrieg erstandenen und genutzten Maschinen der Firmen Lanz, Mengele etc. machten den bislang überall eingesetzten Dreschschlegeln den Garaus. Verstummt war hinfort das streng rhythmische Schlagen der Drescher in den Tennen.

Unter der Anleitung eines Maschinenführers wurde also in den letzten Monaten des Jahres, jedenfalls nach der Rübenernte, die Dreschmaschine mit Zubehör aus der eigens errichteten Halle von kräftigen Pferden oder Ochsen zum Hof des ersten Dresch-Bewerbers gebracht.
Die eisernen Räder der schweren Maschinen drückten sich tief in das unbefestigte Gelände ein und in den meistens nur mit Lehm befestigten Scheunenböden hinterließen sie unübersehbare Spuren.

Es dauerte schon eine geraume Zeit bis alle drei Fahrzeuge des Dreschzuges aufgestellt waren. Oft musste dabei die plumpe, schwere Winde angesetzt, gekeilt und untergelegt werden, um eine horizontale Lage zu bekommen.

Und da die Antriebskräfte ausschließlich über einen langen Treibriemen übertragen wurden, musste das Motorenhaus, die eigentliche Dreschmaschine und die davor aufgestellte Strohpresse zum Einhalten einer dauerhaften Entfernung fest verankert werden.
Die ersten Antriebsaggregate waren Dampflokomobile. Sie mussten besonders sorgsam wegen der verstärkten Brandgefahr gewartet werden. Außerdem verlangte der gleichmäßige Leistungsanspruch genügend Dampf und eine entsprechende Befeuerung.

Nach etlichen Jahren wurden die Dampflokomobile von den Traktoren mit großen seitlichen Schwungrädern abgelöst Ihre Bedienung war nicht mehr so schweißtrei­bend als die ihrer Vorgängerinnen.

Schließlich diente ein PS-starker Elektromotor zum Antrieb sämtlicher Dreschmaschinen. Dieser Motor war in einem allseits verschließbaren Wagen untergebracht. Die elektrische Energie wurde von besonderen Anschlussstellen an verschiedenen Plätzen im Dorf mit einem flexiblen Gummikabel dem Motor zugeführt.

Ohne handfeste gegenseitige Nachbarschaftshilfe war mit der Dreschmaschine wenig auszurichten. 15 bis 20 Leute waren schon erforderlich, um einen reibungslosen Arbeitsablauf zu gewährleisten. Hinzu kamen in der Regel noch die Kinder des jeweiligen Bauern.
Nachdem sich der Maschinenführer vom betriebsbereiten Zustand der Maschinen überzeugt hatte, erscholl der schon der erwähnte Heulton. Alle mussten zu diesem Zeitpunkt auf dem ihnen zugewiesenen Platz stehen.
Je nach Entfernung zwischen dem gelagerten Getreide und der Dreschmaschine waren 3 bis 4 Helfer für das Heranschaffen der Garben erforderlich. Ein kralliger Mann hatte die vor seinen Füßen abgelegten Garben mit einer zweizinkenen Gabel auf die Plattform der Maschine zu spießen. Dort warteten schon zwei Männer auf die Ladung von unten. Der eine schlitzte das Band oder die Schnur der Garben auf und der andere sorgte dafür, dass die Getreidehalme möglichst gleichmäßig in die Maschine gelangten. Wurde ungleichmäßig eingelassen, konnte dies zu einer Überlastung und damit zu einem Kurzschluss führen.

Mehrere Leute - meistens Frauen - waren damit beschäftigt, die seitlich und nach vorn aus der Maschine ausgestoßene Spreu (Sied) mit Wannen unter Dach und Fach zu bringen. Dieser Abfall diente zum Einstreuen des Bodens im Viehstand. Soweit das Stroh nicht zum Verfüttern herangezogen werden musste, wurde es ebenfalls zum Einstreuen verwendet.

Der von der Strohpresse ausgestoßenen Schiede nahmen sich meist zwei Männer an. Entweder wurde das ausgedroschene Stroh gleich wieder in die Scheune oder in einen Schuppen gelagert oder auf einen Wagen geladen, um wo anders zu einem großen Strohhaufen für einen späteren Bedarf aufgestapelt zu werden.

Mit dem Abfüllen der Getreidesäcke an der rückwärtigen Seite der Dreschmaschine war meistens der jeweilige Bauer selbst beschäftigt. Hier konnte er am besten den Ausfall der Ernte beurteilen. An 5 oder mehr Schächten hingen die Säcke. Sobald einer voll war, wurde er zunächst zugeschnürt und mittels eines Aufzugs so hoch gehoben, dass er möglichst vorteilhaft vom Bauern geschultert und anschließend von diesem auf den Getreideboden getragen werden konnte. Erst Jahre später besorgte diese anstrengende Arbeit ein Gebläse.
Es dauert einige Minuten, bis nach dem Einschalten des Elektromotors die Maschine auf volle Touren lief. Zunächst war nur ein dumpfes Dröhnen zu hören, das sich allmählich in einen singenden höheren Ton verwandelte. Erst dann verließ der "Drescher" den Platz am Motorenhaus und begab sich auf die notwendigen Kontrollgänge rings um die Maschine.
Bald war das ganze Gehöft in eine große Staubwolke gehüllt. Kein Wunder, wenn die dort Beschäftigten wie halbe Neger aussahen. In dieser Hinsicht hat sich allerdings trotz fortgeschrittener Entwicklung zum Mähdrescher nicht viel geändert. Auch die neuen Maschinen sind beim Dreschen auf einem Getreidefeld von einer dichten Staubwolke umgeben.
Häufig verstopften sich die verschiedenen Siebe in der Dreschmaschine oder plötzlich funktioniert einer der beiden Knüpfer an der Presse nicht mehr.
Im Laufe eines Arbeitstags konnten viele Störungen auftreten. In solchen Fällen war dann immer der Maschinist zur Stelle, um die Schäden zu beheben. Eine kleine Pause bedingten auch die Umstellungen der Maschine auf eine andere Getreideart. Sie wurde gern dazu benutzt, um einen kräftigen Trunk aus der Flasche oder Kanne zu nehmen oder auch zum Essen eines Apfels.
Jeder freute sich dann nach der anstrengenden Drescharbeit, wenn die Sirene die Frühstücks-oder Mittagspause oder gar den Feierabend ankündigte. Der Maschinenlärm verstummte aber auf einem Bauernhof erst, wenn auch die letzte Garbe durch die Maschine geschickt worden war.
Mit großer Spannung hoben die Leute die letzten Garben vom Boden der Scheune, weil sich darunter erfahrungsgemäß die Mäuse verborgen hielten. Diese Tatsache hatte sich auch bei den Katzen herumgesprochen; denn sie lauerten in solchen Momenten mit großer Ausdauer auf eine willkommene Beute.
Heute, wo ausschließlich Mähdrescher die vielen Arbeitsgänge von damals in einem Zug erledigen, erinnert man sich hin und wieder an die Zeit, als die Dreschmaschine auf den Hof kam.

 

Text und Bilder von Hans Volkert

Kräftige Zugtiere transportieren die Maschinen.
Bild aufgenommen wohl von Hans Rühl aus Mittelhembach.



Der früher noch häufig anzutreffende gestampfte Lehmboden in der Scheune.




Eine der früher eingesetzten Dampfmaschinen, ein "Dampflokomobil".




Ein Traktor - Lanz Bulldog mit Riemenscheibe - als Antriebskraft.





Das Getreide ist eingefahren, ist "unter Dach und Fach" und wartet darauf, gedroschen zu werden.






Wannen stehen zum Wegbringen der Spreu bereit. Sie diente als Einstreu oder als Futterzusatz.



Ein 100 kg Sack auf der Schulter wollte getragen werden.
Hinten links ist das Motorhäuschen für den Elektromotor zu erkennen.



Viele Helfer - auch aus der Nachbarschaft - sorgten für einen reibungslosen Dreschtag




Ein Mähdrescher der ersten Generation im Einsatz - noch ohne geschlossene Fahrerkabine und hydraulischer Unterstützung.




Zusammengestellt im Juli 2017

Alfred J. Köhl