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Ortsteil Schwand  
 

Büttelhaus vom Marktplatz aus

 

 

 

 

 

Das ehemalige Büttelhaus,

 

 

 

 

 

 

 

Satteldach, Obergeschoß Fachwerk, 17. Jh. (wohl 1686 - Fl.Nr. 126 Gemarkung Schwand)

von den Anwohnern auch als

Tag`ler-Haus

(Taglöhnerhaus) bezeichnet.

Hier wohnte einst der Amtsknecht = Henker; im südlichen Erdgeschoß war das Gefängnis, im nördlichen das Badehaus.

Situation:

Das zweigeschossige Haus mit Satteldach steht im Kern des Altortes von Schwand. Es steht traufseitig zur Straße und schließt den Marktplatz durch seine Lage nach Norden ab. Ursprünglich war es gegenüber seiner erdgeschossigen Umgebung betont. Heute steht es in einer weitgehend entfremdeten Umgebung, in der nur der Gasthof "Schwan" sein zeitgenössisches Gepräge erhalten hat. Von den ehemaligen Anbauten ist nur der rückwärtige Schuppen erhalten. Trotz seiner weitgehenden Überformung ist der städtebaulich unverzichtbare Bau ein bedeutendes sozialhistorisches Denkmal geblieben.  
Auf dem Kataster von 1820 ist das Gebäude mit den Nummern 74 und 75 gekennzeichnet (auf Nummer 73).

 

Büttelhaus 1945  

Datierung:

Das von Emil Wachter ermittelte Baujahr, 1686, erscheint den älteren Aufnahmen zufolge gerechtfertigt. Die liegenden Kreuze, die K-Streben, die "Mann"-Motive, die auf den historischen Aufnahmen erscheinen, deuten dies an. Das straßenseitige Fachwerk ist heute ein reines Zierfachwerk. Die heutige Fenstersituation im Erdgeschoss ist bei der vorletzten Renovierung, der Umgestaltung für die Raiffeisenbank entstanden. Das OG blieb damals weitgehend unverändert.

 

 

Geschichtliches:

Das Haus war Henkershaus in der südlichen Haushälfte und zeitweise Badehaus in der nördlichen. Im EG war das Gefängnis . Im OG waren die Wohnungen vom Henker und wohl auch vom Bader. Auf die Doppelnutzung weist auch die ehemalige Doppelhausnummer hin: 74 (Süd) und 75 (Nord), die zu Nürnberger Str. 1 verändert wurde. Nach der Auflösung des Gefängnisses wurde das EG zuerst als Pferdestall und dann als Schweinestall genutzt. Auf dem Urkatasterblatt sind drei kleine Anbauten nachweisbar, von denen nur der rückwärtige, traufseitige Schuppen noch vorhanden ist.

Trocknen der Tabakernte

 

 

Baugeschichte:

Wohl gegen 1686 erbaut, wurde es 1953 wesentlich überformt. Das Fachwerk wurde vollständig saniert. Dabei erfolgte der Abbruch des südlichen Anbaus. 1967 gab es eine weitere Umgestaltung mit dem Einbau einer Raiffeisenbank im EG. Im Jahr 1978 erfolgte dann eine weitere noch weitergehende Umformung im EG.

 

 

 

 

Beschreibung:

Das Erdgeschoß wird giebelseitig von Süden erschlossen. Die Obergeschosse werden giebelseitig von Süden und Norden über angesetzte, schräg aufsteigende Treppenhäuser erschlossen. Ursprünglich wurde das Erdgeschoß von der Straße her, über einen rechts gelagerten Eingang erschlossen.

Außen:

Das traufständige, zweigeschossige Gebäude steht auf längsrechteckigem Grundriß. Das verputzte, ursprünglich nahezu fensterlose EGBüttelhaus mit Blick auf den Marktplatz ist heute kaum mehr wiederzuerkennen. Es wurde bei den verschiedenen Renovierungen und Umbauten die Fassade mit Fenstern neu gegliedert und der Eingangsbereich umgestaltet.

Das OG, dessen Fachwerkaufbau etwas von der oberen Außenkante des EG zurückgezogen ist, war ursprünglich mit einem reichen Fachwerk ausgestattet, mit K-Streben, Mann- und Andreaskreuzmotiven im Giebelbereich.

Die Fenster des OG sind symmetrisch angeordnet und zeigen den ebenfalls symmetrischen Innenaufbau, der sich auf der Traufseite deutlich darstellt. Dort befanden sich jeweils außen Stubenfenster, während zur Mitte hin kleine Küchenfensteröffnungen sichtbar waren, über denen auf dem Dach zwei Kamine angeordnet waren. Das strassenseitige Rautenfachwerk ist ein schon lange vorhandenes Zierfachwerk.

Innen:

Das Erdgeschoss war wie das OG symmetrisch geteilt. Im EG war das Gefängnis und die Badstube im nordwestlichen Anbau, beide sind in ihrer Substanz verloren.

Blick auf das alte Gewölbe 

 

Im OG befanden sich zwei kleine, symmetrisch angelegte Wohnungen, daher beschreibe ich nur die nördliche Hälfte. Der Eingang mündet in einen kleinen Gang. Rechts befand sich eine einfenstrige Stube mit schmaler rückwärtiger, gewölbter Küche. Auf der anderen Seite befand sich eine Kammer, auf die eine kleine Speis folgte. Im 1. DG war eine weitere Kammer eingefügt.

 

 

 

Ausstattungsdetails:

Eventuell ältere Bohlenbalkendecke im OG. Das im südlichen Bereich im EG vorhandene Gewölbe, das lange als Vorratskeller genutzt worden war, wurde beim Umbau für die Raiffeisenbank entfernt.

Konstruktion:

Das aufgehende Mauerwerk im EG war verputzter Sandstein, der 1953 durch eine wiederum verputzte Backsteinwand ersetzt wurde.

Im gesamten Obergeschoss war die Fassade ein Sichtfachwerk. Wie ältere Aufnahmen zeigen mit einer K-Strebenformation und liegenden Kreuzen unter den Fenstern. Auf der Giebelseite ist noch das ältere Fachwerk vorhanden, wie das Mann-Motiv und die gebeilten, gezapften und mit Holznägeln gesicherten Riegel zeigen. Die Westwand ist wegen des Anbaus derzeit nicht einsehbar.

Die Erschließungen des OG erfolgt durch innenliegende, hölzerne, gerade, einläufige Treppenstiegen, die auf dem herauskragenden Unterzug der Balkenlage aufliegen. Des weiteren sind an jeder Giebelwand zusätzliche Außentreppen vorhanden.

Innen:

Im EG komplett neue Trennwände. Im OG ältere mittlere Teilungswand mit Fachwerk, sowie weitere Trennwände als Fachwerk mit Weidengeflecht und Lehmfüllung, gekalkt.

Böden: Im EG komplett erneuert; im OG Dielenlage

Decken: komplett erneuert.

Dachstuhl: zweigeschossiger, doppelt stehender Kehlbalkenstuhl, aber nicht einsehbar, da er ausgebaut ist. Im 2. DG begehbar, Sparren sind gebeilt und geschäftet.

Dachdeckung mit Rundschnittbibern, einfach.

Türen und Fenster: Erneuert; Ursprünglich befanden sich im EG nur kleine Lichtschlitze (Gefängnis, Badestube) und im OG Kreuzstockfenster mit zweiflügeligen Schlagläden.

Nutzung:Büttelhaus zur Zeit der Raiffeisenbank

Im EG war eine Filiale der Raiffeisenbank untergebracht. Im OG gab es zwei kleine Wohnungen, die vermietet sind (1995) 

Heute: Eine Firma hat ihr Büro im EG und im OG werden die beiden kleinen Wohnungen zu einer Wohneinheit zusammengefasst. Das gesamte Haus wird dann von der auf dem Hof befindlichen Hackschnitzelheizung mit Wärme versorgt.

 

Erhaltungszustand:

Kleine Fassungsschäden, aber die Konstruktion ist in Ordnung.Von Nordwest aus gesehen

 

 

Der Denkmalswert ist durch die massive Umformung geschmälert. Da es aber dadurch einer modernen Nutzung zugeführt wurde, ist sein Bestand gesichert.

 

 

 

Allgemeines Urteil:

Die Denkmalssubstanz stellt sich nur noch in Resten dar, wobei sich an verborgenen Stellen des Anbaus und der Mittelwand im OG noch größere Reste der historischen Substanz auffinden lassen können

Literatur:

Denkmalkartierung der Marktgemeinde Schwanstetten von 1995, Autor M.A. Hermann Schubach

Denkmäler in Bayern, Bd. 5 - Mittelfr., hrsg. Michael Petzet, München 1986, S. 476

Freytag, Waltraud, Die geschichtliche Entwicklung der Marktgemeinde Schwand unter Berücksichtigung der Kirche bis zum 20. Jahrhundert, in: Heimatkundliche Streifzüge, Schriftenreihe des Landkreises Roth, Bd. 1, 1982, S. 23-55

Schwand 1986. Festschrift zur 800-Jahr-Feier von Schwand, hrsg. Markt Schwanstetten, bearb. v. Barbara Neumann, Schwanstetten 1986, S. 27-30 und 45-46

Staatl. Vermessungsamt Schwabach: Grund- und Lagerbuch. Acta der königl. unmittelbaren Steuerkataster-Commission, 1886. Darin enthalten die Aufzeichnungen von 1821 (Schwand), bzw. 1832 (Leerstetten, Harm, Mittelhembach, Furth)

Ulsamer, W., Haag, C., Markt Schwand bei Nürnberg, in: 100. Jahre Landkreis Schwabach, hrsg. von Willi Ulsamer, Schwabach 1964, S. 545-549

Wachter, Emil, Die Badstube in Schwand bei Nürnberg, in: 100. Jahre Landkreis Schwabach, hrsg. von Willi Ulsamer, Schwabach 1964, S. 558-559

Weitergehende Literatur

Zusammengestellt und bearbeitet unter Mithilfe von Gunda und Walter Zankl.

Schwanstetten im Januar 2009, ergänzt im Oktober 2015 / März 2017

Alfred J. Köhl