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Ortsteil Schwand

Rother Straße 8.

 

Das Hirtenhaus von Schwand

 

Erdgeschossiges Kleinhaus, ursprünglich 1785, Mitte des 19. Jahrhunderts an- und umgebaut. (Flur Nr. 95)

 

 

Hausname: Hirten- und Schießhaus der Gemeinde Schwand,
im Grund- und Lagerbuch nur als Hirtenhaus geführt.

 

Kataster von 1820 / 1838

Situation: Das kleine traufständige Haus steht auf der rechten Seite der Rother Straße. Es fällt aus der Flucht der anderen Gebäude heraus und bedingt eine Verengung der Rother Straße. Die historisch gewachsene Situation im Altort hat sich hier erhalten, wenn auch die Umgebung teilweise durch Neubauten und Parkplätze verändert wurde. Im nebenstehenden Katasterplan von 1820 ist das Hirtenhaus mit der Hausnummer 53 bezeichnet, in der rot eingetragenen Ergänzung / Berichtigung von 1838 mit der Hausnummer 83.

Das Haus ist ein städtebauliches und sozialhistorisches Denkmal, das an dieser Stelle unverzichtbar ist.

 

Datierung: Der Listentext datiert das Haus nach dem äußeren Erscheinungsbild, das aber in seinem heutigen Erscheinungsbild erst durch eine Verlängerung des Baus nach Norden 1857 entstand. Ursprünglich war der Bau kürzer, wie dies auch der Urkataster dokumentiert. Der nördliche Anbau ist eine Kopie des südlichen Giebels. Der Gebäudekern ist laut Grundbuch und Gutachten bereits 1785 entstanden. Hinweise auf diese frühe Entstehung gibt die Bohlenbalkendecke in der Stube mit enger Balkenlage und die südliche Fachwerkinnenkonstruktion im Erdgeschoss (EG), dessen altertümliches Ständerstrebengebinde auf das ausgehende 18. Jahrhundert verweist.

 

Geschichtliches: Das Haus wird in den Quellen als Hirten- und Schießhaus bezeichnet. Dort werden auch die Anteile der Gemeindemitglieder genannt. Die Rolle als Schießhaus konnte bis auf die Bezeichnung nicht näher bestimmt werden. Die Entstehung als Hirtenhaus wird durch das in die Rother Straße vorgeschobene Grundstück plausibel, das seine Herkunft aus Gemeindegrund verrät.

Seit dem Anfang des 20. Jh. wird das Haus als Mietwohnung genutzt und wurde 1987 an den heutigen Eigentümer verkauft.

Baugeschichte: 1785 erbaut; die Grundkonstruktion ist erhalten. 1857 wurde das Haus verlängert, wie es der Plan zeigt (Anstückung im Dachstuhl); Wechsel von Sandsteinquadern zu Backsteinmauerwerk.

Der nördliche Giebel ist äußerlich dem südlichen angepasst worden, zeigt jedoch keine konstruktive Verbindung mit dem Dachstuhl. Um 1900 wurde das preußische Kappengewölbe im Stall eingezogen.

Nach 1987 wurde das Haus instandgesetzt.

 

Beschreibung: Das Haus wird über die Rother Straße traufseitig von Osten erschlossen.

Straßenansicht des Hirtenhauses (Ansicht von Osten)Außen: Das kleine, erdgeschossige Haus mit Satteldach ist ein schlichter verputzter Bau. Nur der südliche Giebel blieb unverputzt. Das Haus zeigt sich heute als Wohnhaus. Die einstige Nutzung ist nur durch das Innere und Quellen erschließbar. Man erkennt noch die zweifenstrige Stube und zwei einzelne Kammerfenster ganz links und ganz rechts, wobei das rechte der Erweiterung angehört.

Innen: Das Innere leitet sich von der barocken Tradition des Wohnstalls her. Die ursprüngliche Raumaufteilung ist noch immer nachvollziehbar.

Der Eingang erschließt einen schmalen, kurzen, linksgelagerten Gang, der in die rückwärtige Küche mündet. Rechts befindet sich die traditionelle Stube, die von der Küche aus beheizt wurde. Weiter nach rechts wurde das Gebäude um eine weitere Stube und eine Kammer erweitert. Links vom Eingang befindet sich eine Kammer und rückwärtig ein ehemaliger, kleiner Stall. Die nördliche Verlängerung der Küche und die zweite nördliche Kammer sind spätere Zubauten.

Das Dachgeschoss (DG) wird über eine kleine einläufige Stiege im Flur erschlossen. Dort ist nach Norden eine Kammer eingefügt (modern erweitert), der südliche Teil ist und war ein offener Dachstuhl. Das 2. DG wird über eine moderne Leiterfalltür erschlossen.

Ausstattungsdetails: Bohlenbalkendecke in der Stube; preußisches Kappengewölbe im Stall

 

Konstruktion: Kein Keller

Aufgehendes Außenmauerwerk: rückwärtig bis Erweiterung Sandstein. Südliche Außenwand mit Giebel: Fachwerk. Die nördliche Erweiterung ist Backstein.

Der Nordgiebel ist einfaches Fachwerk, verputzt, 1857 ausgeführt. Er ist nicht konstruktiv mit dem Dachstuhl verbunden.

Geschoßdeckenbildung durch ungewöhnlich dichte Abfolge von Balken. Bohlenbalkendecke in der Stube durch Bretter, die in die Balkenlage eingeschoben sind. Die Küche war wohl ehemals gewölbt. Stall mit preußischem Kappengewölbe.

Böden: erneuert. In Gang und Küche wohl ehemals Fliesen. In den Kammern und in der Stube wohl so wie heute Riemenböden.

Dachstuhl: zweigeschossiger, doppelt stehender Kehlbalkenstuhl, gebeilt, gezapft, z.T. oberflächensichtig; z.T. geschäftet; z.T. ergänzt.

Dachdeckung: Rundschnittbiber; doppelt.

Türen und Fenster: erneuert. Ursprünglich wohl Kreuzstockfenster mit Schlagläden im Wohnbereich.

 

Nutzung: Wird insgesamt als Wohnhaus genutzt

Allgemeines Urteil: Baulich in gutem Zustand.

 

Quelle und Literatur:
Denkmalkartierung der Marktgemeinde Schwanstetten von 1995
Denkmäler in Bayern, Bd. 5 - Mittelfranken., hrsg. Michael Petzet, München 1986, S. 476
Wertermittlunggutachten von 1987, im Bauakt der Gemeinde
Gemeindearchiv: GA Schwand, Nr. 040/1, Fol. 11 v
Staatl. Vermessungsamt Schwabach: Grund- und Lagerbuch. Acta der königl. unmittelbaren Steuerkataster-Commission, 1886. Darin enthalten die Aufzeichnungen von 1821 (Schwand), bzw. 1832 (Leerstetten, Harm, Mittelhembach, Furth)

Siehe hierzu auch die jügere Geschichte des Hirten von Leerstetten so wie sie Hans Volkert aufgeschrieben hat.

Schwanstetten im Juni 2011

Alfred J. Köhl

Ansicht von Norden, vom Marktplatz her