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Mein Lebenslauf 

Georg R u s a m 

Pfarrer i.R, Nürnberg, Thumenberger Weg 93, gest. 23. April 1988 
  
  
Am 17. Juli 1905 wurde ich im Pfarrhaus zu Rothausen in Unterfranken als viertes Kind des Dekans Georg Rusam und seiner Ehegattin Laura, geb. Kaeppel, geboren. Beide Familien, Rusam und Kaeppel, sind Nachkommen von oberösterreichischen Exulanten.  Die Urväter haben gegen Ende des 50-jährigen Krieges aus Glaubensgründen ihre Heimat verlassen, sind in das Frankenland ausgewandert und dort ansässig geworden. Die Glaubensträue dieser Vorväter prägte durch die folgenden Jahrhunderte spürbar den Familiengeist. 
  
1912 verzogen meine Eltern nach Schwabach. Im dortigen Dekanat verbrachte ich meine Jugendjahre. Nach dem Besuch der Volksschule kam ich ins Progymnasium Schwabach und dann in das Neue Gymnasium in Nürnberg, bis zum Abitur im Frühjahr 1924. Vom Vater war ich 1917 in der Stadtkirche zu Schwabach konfirmiert worden.  Meine liebe Mutter wurde nach längerer Krankheit als Folge der schweren Kriegs-und Nachkriegsjahre am 8 März 1920 in die Ewigkeit abgerufen. Sie hinterließ sieben Kinder, den jüngsten Sohn im Alter von vier Jahren. 1921 holte der Vater als zweite Mutter Emma Wolffhardt von Würzburg ins Haus. 
Noch mit achtzehn Jahren kam ich auf die Universität in Erlangen. Nach der Familientradition entschloss ich mich zum Studium der Theologie, zumal der Vater, der Großvater mütterlicherseits, zwei Onkel und der ältere Bruder Theologen waren. Die Wahl des Berufes hatte ich nie zu bereuen. Ich hing mit Leib und Seele an dem Beruf des Pfarrers, dem ich mich mit ganzem Einsatz an Zeit und Kraft widmete. 
Mein Studium in Erlangen war durch zwei auswärtige Semester in Tübingen und Leipzig unterbrochen. Besonders viel verdankte ich den Professoren Elert und Althaus in Erlangen, Schlatter und Heim in Tübingen. Der Familientradition entsprechend fördert die Burschenschaft der Bubenreuther in Erlangen meine studentische Erziehung und Charakterbildung. 


Im Frühjahr 1928 legte ich die Theologische Aufnahmeprüfung in Ansbach ab. Bereits mit 22 Jahren kam ich als Stadtvikar nach Nürnberg-St. Matthäus. Meine Ordination fand am 15. Juli 1928 in Ansbach statt.


  
In der Gemeindearbeit an St. Matthäus lernte ich meine Lebensgefährtin kennen, die Lehrerin Emmy Barthel, die der Kaufmannsfamilie Michael Barthel und seiner Ehefrau Anna, geb. Huber, entstammte. Unsere Trauung am 26.Januar 1932 wurde vom Vater noch in der alten, später im Krieg zerstörten Kirche von St. Matthäus gehalten. Unsere Ehe wurde mit drei Kindern gesegnet: Gottfried (gest. 1995), Pfarrer in Dörflis, verheiratet mit Dorothee, geb. Schmitter, Tochter Ilse, verheiratet mit Dr. Max Krüger in Bad Wiessee, und Prof. Dr. Hermann, Studiendirektor in Nürnberg, verheiratet mit Dr. Astrid, geb. Greiner. Unsere besondere Freude sind die sechs Enkelkinder. (inzwischen acht Enkelkinder, 3 Urenkel – ergänzt 2000
  
Meine erste Pfarrstelle Kleinweisach im Steigerwald, eine Patronatsstelle des Fürsten zu Castell, bezog ich am 1. März 1932. Es galt dort eine Kirchengemeinde mit zehn Dörfern, drei Kirchen und drei Schulen bei schwierigen Verkehrsverhältnissen zu versorgen. Die Jahre im Steigerwald waren von den Auswirkungen des Dritten Reiches und des Kirchenkampfes überschattet. 
  
Mit Ausbruch des zweiten Weltkrieges am 1.September 1939 kam ich auf die Pfarrstelle Schwand bei Nürnberg, um meinen Kindern den Besuch der Höheren Schule in Schwabach zu ermöglichen. Auch hier war eine umfangreiche Kirchengemeinde mit 8 Dörfern und Weiler (Harm, Harrlach, Mittelhembach, Meckenlohe, Pruppach, Sperberslohe und Schwand, sowie Dürrenhembach, die Finstermühle, Hagershof, Holzgut, Ober- und Unterfichtenmühle sowie Rednitzhembach (bis 1964) zwei Kirchen ( in Schwand und Rednitzhembach ) und zwei Schulen zu betreuen. Die Kriegs- und Nachkriegsereignisse erschwerten die Gemeindearbeit in besonderem Maße. 
  
An 1.August1949 wurde ich auf die kriegszerstörte Pfarrei Nürnberg-St. Jobst berufen.  Die 21 Jahre des Wirkens in dieser Kirchengemeinde waren mit mühevoller und aufreibender Arbeit ausgefüllt. Es galt die zerstörte Kirche wieder aufzubauen und mit Glocken, Orgel, Altar und Kunstwerken auszustatten. Der Friedhof musste erweitert werden. Vor allem galt es, zwei notwendige große Gebäude zu errichten: das Gemeindehaus mit Kindergarten, Jugendräumen und Gemeindesaal, ferner das Pfarrwohngebäude mit den Wohnungen für die kirchlichen Mitarbeiter. Besonders lag mir der Ausbau der Jobster Jugendarbeit am Herzen wie auch die seelsorgerliche Betreuung der vier Altenheime, des großen Sebastian-Spitals, des Heimes auf dem Platnersberg, des Albert-Schweitzer-Heimes und des Karl-Eichhorn-Heimes. 
  
Im Nebenamt war ich zwölf Jahre Vorstandsmitglied des Bayerischen Pfarrervereins, dessen Mitbegründer mein Vater gewesen war, ferner 21 Jahre Aufsichtsratsmitglied des Wirtschaftsverbandes der evangelischen Geistlichen in Bayern, davon 9 Jahre Aufsichtsratsvorsitzender. 
  
Mit Erreichung des 65. Lebensjahres schloss ich die arbeitsreichen 21 Jahre meiner Tätigkeit in Nürnberg St. Jobst ab. Am 1. August 1970 trat ich in den Ruhestand. Das illustrierte Heft "St. Jobst in Geschichte und Gegenwart" konnte ich der Kirchengemeinde als Abschiedsgeschenk hinterlassen. In dem Haus Thumenberger Weg 93, von den Schwiegereltern geerbt, darf ich nun mit meiner Ehefrau ruhigere Tage verleben. 

 
 Im Rückblick auf mein Leben kann ich nur die Gnade und Barmherzigkeit Gottes preisen und seine Treue rühmen, die mich und die Meinen durch gute und böse Tage hindurch gebracht hat. Mit dem Apostelwort (2.Thess.3.3), mit dem ich mich von der Gemeinde St. Jobst verabschiedet habe, schließe ich meinen Lebenslauf: 
„Der Herr ist treu" 

Nürnberg, den 16.Nov.1972, 
Georg Rusam 
  
Nachsatz: 
Im Herbst 1978 kam unser hoffnungsvoller Enkelsohn Matthias Rusam bei einem tragischen Autounfall ums Leben. 
Im Januar 1982 konnte ich mit meiner Gattin im Kreise der vollzähligen Kinder, Schwiegerkinder und Enkelkinder das seltene Fest der Goldenen Hochzeit – in dankbarer Rückschau auf 50 Jahre Gemeinsamkeit - in der Kirche St. Jobst und zugleich die Trauung der ältesten Enkeltochter feiern.
 
Aus seinem Nachlass:

Als die Amerikaner kamen: Kriegstagebuch vom 1.Januar bis 13. Mai 1945

Die Exulanten der Pfarrgemeinde Schwand

Ergänzt im August, September 2023

Alfred J. Köhl