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Markt Schwand 

"Alle Städte sind Märkte, aber nicht alle Märkte sind Städte." 
(Rietschel, Markt und Stadt)
 
Schwand, war ursprüngliche ein „Bauerndorf“. Wie sich aus einer Niederschrift des 18. Jahrhunderts ergibt, hat vermutlich um 1259-61 der königliche Dienstmann Engelhardt von Thann das wohl von ihm erbaute oppidum Swant (= befestigte Stätte) mitsamt dem Dorf an den Burggrafen Conrad I. verkauft.

Schwand lag für die Burggrafen außerordentlich günstig; denn von hier aus konnte die Straße überwacht und in Kriegszeiten gesperrt werden. Die Bedeutung dieser Venezianerstraße wuchs sogar noch im Lauf der Zeit, als der Handelsverkehr mit der Fuggerstadt Augsburg und der oberitalienischen Hafenstadt Venedig zunahm. Über Venedig wurde seit den Kreuzzügen ein Großteil des Orienthandels abgewickelt.
Als damals im 13. Jahrhundert Schwand burggräflich geworden war, hatten sich längst in der Vorstadt Handwerker und Tagwerker niedergelassen. Bald wurde die Landwirtschaft vom Handel und Handwerk überflügelt. Die wirtschaftliche Entwicklung des Dorfes schritt schließlich so stark voran, dass Burggraf Johann II., der sich um die Förderung des Handels sehr bemühte, um 1340 dem Dorf Schwand das Marktrecht verliehen.
 

 


Alljährlich waren für Schwand fünf Krammärkte bewilligt:
am Sonntag vor Lichtmeß (1. Febr.),
am Sonntag vor Walburgis (1. Mai),
am Sonntag vor der Kirchweih (24. Juni),
am Sonntag vor Mariä Himmelfahrt (15. Aug.),
am Sonntag vor Weihnachten, dem Thomastag (21. Dez.).

Für die weitere Blüte des Ortes wurde die Marktrechtsverleihung dann von grundlegender Bedeutung. Es ist nach Heinrich Schlüpfinger hervorzuheben, dass der Ort Schwand mit der Verleihung des Marktrechtes an erster Stelle im Landkreis stand, noch vor Roth, das 1346 zum Markt erhoben wurde, und auch vor Schwabach oder Wendelstein.
 
Das Urbar des Burggrafentums Nürnberg aus der Zeit um 1370 zählt für Schwand etwa 58 Anwesen auf: 3 Huben (halbe Höfe), 13 Lehen und das Frauengut (Viertelshöfe), 36 Hofstätten (Achtelshöfe), die Taferne (Wirtshaus), 2 Mühlen, die Schmiede, die Hirtenhofstatt, die Bauselde (unter 5 Tagwerk), unter den Lehen das Forstlehen und das Büttellehen. Ähnliche Zahlen finden wir auch im Urbar von 1430 zusätzlich aber auch das Richtergut.
 
Der Übergang vom reinen dörflichen Leben zu einem Markt stellte eine neue Herausforderung für die „Handwerker“ dar. Waren die „Kleinhandwerker“ im Dorf damit beschäftigt, bestellte Aufträge abzuarbeiten – der Schmied, der Wagner, der Müller und der Schneider - so erforderte die Beschickung eines Marktes eine neue Strategie. Es musste auf Vorrat produziert werden um Waren auf einem Markt feilbieten zu können.
Der Handwerker musste also herausfinden, was gerade gebraucht wurde, was „in“ war und er es deswegen auch gut verkaufen konnte. Er musste das Material und seine Arbeitszeit vorfinanzieren und es wäre sein Ruin gewesen, wenn er seine Ware nicht hätte verkaufen können.
 
So entsprang in dieser Zeit auch die Einführung der Geldwirtschaft: Auf dem Dorf wurde weitestgehend getauscht – Arbeitskraft gegen Naturalien - auf einem Markt dagegen wurde gehandelt - Ware gegen Geld. So entstand der Kapitalismus, wenngleich er erst mächtig in späterer Zeit wurde. Aber überall trifft man auch jetzt schon auf seine ersten Spuren. Selbst in der Kirche des späten Mittelalters macht sich schon kapitalistisches Denken bemerkbar. Alles wird käuflich und „kapitalisierbar“: Abgaben, Pfründe, Würden und Ablässe.

Städte und Märkte gewannen wirtschaftliche, verkehrsmäßige und militärische Bedeutung. Sie waren außerdem der geeignete Ort für neue Schulen und darüber hinaus spielten sie eine besondere und wirklich neuartige soziale Rolle, sie schufen eine "Neuverbindung verschiedener Bevölkerungselemente: Handwerker und Bauern".

Dies alles in einer Zeit des Um- und Aufbruchs, des Übergangs und der Krisen, aber eben auch in einer Zeit, in der die Grundzüge unserer modernen Welt festgelegt wurden, in der die Anfänge einer modernen territorialen Staatlichkeit, einer Verwaltung mit geschulten Beamten u.v.m. zu suchen sind.

Markt und Stadt sind also wesensgleich, wenngleich der Markt weniger bevorrechtigt ist. Städtisches Vorrecht war die Bewehrung mit Mauern und Türmen. Diese stärkere Befestigung war der auszeichnende Bestandteil ihres Stadtrechtes. Dem Markt wurde demgegenüber nur eine gewisse behelfsmäßige Befestigung zugestanden, bestehend aus Wall, Graben und Palisaden, unter Umständen auch die Anlage von festen Toren und Torhäusern. Da diese Befestigung nur bedingten Schutz bot, haben sich die Bewohner von mittelalterlichen Märkten meist durch einen befestigten Friedhof eine durch Mauern (und manchmal auch Türme) gesicherte Zufluchtsstätte geschaffen.

Die mittelalterlichen Märkte und Städte folgten auch in ihrer baulichen Anlage ähnlichen Grundsätzen. Es handelt sich um geschlossene Siedlungen um einen Marktplatz oder eine platzartig erweiterte Marktstraße. Für den Markthandel war ein besonderer Platz zum Aufstellen der Buden und Stände notwendig. Jeder Markt konnte unter diesen Umständen zur Stadt erhoben werden, seine Grundrissanlage musste nicht geändert werden.

Heute noch erhaltene Urkunden über Marktrechtsverleihungen, insbesondere die frühen, sind sehr selten. Meist erfährt man erst bei anderen Gelegenheiten, dass ein Ort bereits Markt ist, so wie das auch bei Schwand der Fall ist.

Das genaue Datum der Marktrechtsverleihung lässt sich daher oft nicht mehr feststellen. Schwand wird zunächst in den Urkunden als "oppidum" und später als "Markt" bezeichnet.
Als "Markt" wurde Schwand in den Urkunden von 1346 (Quittung der Gräfin Kunegunde von Orlamünde über die ihr von den Burggrafen Johann und Albrecht abgetragene Schuld) und 1353 (Verkauf des Marktes Schwand an Engelhard von Tann und seine Gemahlin) bezeichnet.

Im Falle Schwands ist es wahrscheinlich, dass sich der, leider nicht erhaltene, Herrensitz, der eventuell befestigt war, auf der Anhöhe (Boxlohe) gegenüber dem jedenfalls befestigten Kirchhof befand. Die in Kornburg abzweigende Nebenstraße der Venezianerstraße musste sich  durch Schwand hindurchzwängen, was eine Kontrolle der Fuhrwerke erleichtert haben dürfte


Häufig sind Marktorte auch Sitz eines Gerichtes, wie es auch bei Schwand der Fall ist. Die Tatsache, dass ein Ort Sitz eines Gerichtes war, führte umgekehrt auch häufig zur Markterhebung desselben.

Die Bedeutung des Marktes Schwand im Mittelalter war bestimmt durch seine geographisch-strategische Lage: in der Nähe der Reichsstadt Nürnberg sowie der Grenze zum bayerischen Nordgau (heute: Oberpfalz) als auch an der Abzweigung der alten Handelsstraße nach Venedig. In der diesbezüglichen Aufwärtsentwicklung des Ortes Schwand trat eine Stagnation ein (ebenso wie bei Kornburg, Neuses, Rednitzhembach, Roth oder Weißenburg), als Venedig als Handelshafen an Bedeutung verlor und Marseille Stapelplatz für tropische Handelsware wurde. Als 1492 Amerika entdeckt wurde und die tropischen Handelsgüter von dort kamen, die man zuvor aus Indien bezogen hatte, benötigte man Venedig nicht mehr. Die Güter wurden in Marseille gelandet, gestapelt und kamen von dort über Straßburg - Nördlingen - Schwabach nach Nürnberg. Damit verfiel die Venezianerstraße und alle an ihr gelegenen Orte traten in ein Stadium des Stillstands ein.
 
Nach dem Übergang der Gemeinde Schwand an Bayern ersuchte man im Jahr 1810 beim königlichen Landgericht um die Erneuerung der alten Marktgerechtigkeit. "Die Märkte würden Handwerk und Gewerbe in Markt Schwand wieder beleben, den Nahrungsstand durch den Zufluß von Kauflustigen verbessern, und die Einwohner in den Stand setzen, ihre Bedürfnisse in Loco einzukaufen“. Man bat um die Erlaubnis zur Abhaltung von vier Jahrmärkten an folgenden Terminen:




1.         am Sonntag nach Fasnacht
2.         am Pfingstmontag
3.         am Kirchweihsonntag (dem Sonntag vor
            Maria Himmelfahrt) und
4.         am Stefanstag (26.12.)


 

 

Das Landgericht Schwabach leitete das Schreiben der Marktgemeinde weiter nach München, ans Ministerium des Innern. Von dort erfolgte alsbald die Genehmigung zur Abhaltung von vier Jahrmärkten pro Jahr zu den genannten Terminen.

 


Auch in jüngerer Vergangenheit hielt Schwand an seinem historischen Marktrecht fest. Emil Wachter berichtet, dass im Jahr 1955 folgende Märkte abgehalten wurden:

ein Lichtmeßmarkt, (Krammarkt), am 6. Februar
ein Walburgamarkt (Krammarkt), am 1. Mai
ein Kirchweihmarkt (Krammarkt) , am 14./15. August und
ein Thomasmarkt (Krammarkt) , am 11. Dezember.


Nach der Gebietsreform im Jahre 1978 ging das Marktrecht an die Gemeinde Schwanstetten über. Auf der neu geschaffenen Marktfläche vor dem Rathaus werden nun wieder zwei Märkte abgehalten:

ein Walpurgimarkt am 01. Mai und

ein Thomasmarkt am zweiten Adventssonntag
 
Quelle und Literatur:
Schwanstetten – Geschichte einer fränkischen Marktgemeinde
Barbara Neumann – 1990
Literaturverzeichnis:

zur Chronik von Schwand

Abbildungen:

Kartenausschnitt (von Herrn Prof. Dr. Hermann Rusam bekommen)





Urkunde von 1346 in der Schwand als Markt genannt ist.





Nürnberger Meilenscheibe von Georg Kreydlein von 1559
aus dem Stadtatlas Nürnberg von Franz Schiermeyer von 2006







Urkatasterplan von 1821, ergänzt 1938





Schwanstetten im Dezember 2018
Alfred J. Köhl