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Ortsteil Schwand 

Boxlohe 5.

Austragshaus mit Johanneskirche

Ehemaliges Austragshaus,

erdgeschossiger Satteldachbau, Giebel Fachwerk verputzt, bez. 1766 (Fl. Nr. 28)

Hausname: "Taglerhaus"


"Tagelöhnerhaus" im "Meierhof"; diese Bezeichnung stammt wohl von der späteren Verwendung des Hauses, als Tagelöhnerunterkunft. Die Architektur leitet sich jedoch vom Austragshaus her.

 

Situation: Das erdgeschossige Haus (auf dem Kataster von 1821 die Nr. 14) steht Katasterplan 1820

im Altort, im "Meierhof", gegenüber dem jüngeren Hauptgebäude, das ein Nachfolgebau des älteren Vorgängers an gleicher Stelle ist. Die Umgebung des Gebäudes ist durch die landwirtschaftlich bedingte Umstrukturierung weitgehend verändert. Dennoch ist das Gebäude ein unverzichtbares städtebauliches Element der Anlage, da es sich zudem in der Flucht der "Boxlohe" befindet, und ihr Erscheinungsbild mit prägt. Rückwärtig wurde ein kleiner Schuppen angefügt, in dem die fachwerksichtige Anlage der rückwärtigen Fassade erhalten ist. Gewichtig ist die Bedeutsamkeit des Gebäudes als sozialgeschichtliches und volkskundliches Dokument.

 

Datierung: Jahreszahl mit Buchstabenkombination aus den Initialen des Bauherrn im TürinschriftTürsturz bezeichnet das Baujahr: IFF 1766 IL. Der Baukörper folgt vom Phänotyp und der Innenraumverteilung der barocken Tradition des Wohnstalls, wobei dieses Haus nur mit einem kleinen Stall und geringerer Raumgröße ausgeführt wurde, was die Deutung als Austragshaus untermauert. Für ein Tagelöhnerhaus ist es zu groß. Der entstehungszeitliche liegende Dachstuhl wie auch das massive, profilierte Traufgesims stehen stilistisch der Jahreszahl im Sturz nahe.

 

Geschichtlicher Zusammenhang: Das Austragshaus ist Bestandteil des alten "Meierhofes" in Schwand und bereits auf dem Urkataster von 1822 eingetragen. Deutlich sprechen die Architektur und die Lage dafür, daß es sich um ein Austragshaus handelt. Nutzung und Namensgebung als Tagelöhnerhaus ist jünger, wohl frühestens gegen 1850, als durch das Bezirksamt Schwabach die Bereitstellung dieser Häuser als Wohnraum für Tagelöhner gefördert wird (StAN, BA Schwabach, Rep. 217/12 III).

In letzten Jahrhundert wurde es anfänglich wieder als Austragshaus genutzt. Später war es vermietet. Heute steht es leer.

 

Baugeschichte: 1766 erbaut. In der Folge wurde bis heute die Raumabfolge belassen, jedoch die Erschließungen und Nutzung verändert. Türen und Fenster wurden in der 1.Hälfte des 20. und in der 2. Hälfte 20. Jh. verändert. Dieser Prozeß ist von volkskundlichem Interesse.

 

Beschreibung:

Außen: Der giebelständige, erdgeschossige Satteldachbau auf längsrechteckigem Grundriß steht gegenüber dem Wohnhaus des Bauern und wird giebelseitig von Süden, vom Hofraum her, erschlossen.

Der Bau mit ursprünglich unverputztem Giebelfachwerk und traufseitig, nach Norden zu, mit stufenweise zunehmendem Einsatz von Fachwerk im Erdgeschoss (EG), sowie vollständiger rückwärtiger Fachwerkkonstruktion ab EG-Sockel, wird durch die Konstruktion gegliedert. Speziell am Hauptgiebel durch Kreuzstockfenster mit zweiflügeligen Schlagläden, die sich heute z. T. erneuert und verändert darstellen.

Der Aufbau folgt der barocken Tradition. Giebelseitig rechts erkennt man die Fenster der ehemaligen Stube, und links das einer Schlafkammer. Die Haustür ist für die Raumaufteilung etwas nach links versetzt.

Fassadenschmuck: Erdgeschoss (EG) verputzt; Gliederung legt Kreuzstockfenster mit zweiflügeligen Schlagläden nahe. Darüber der Fachwerkgiebel mit fränkischen Ständerstreben-System, der auf einem alten Photo unverputzt war.

 

Innen: Das Innere des Hauses wird über einen linksgelagerten Gang erschlossen, der in einen rückwärtigen Ausgang mündet.

Auch hier folgt die Innenraumaufteilung der barocken Tradition. Die kleinen Räume wiederholen die Vorbilder des Wohnstalls. Auf der rechten Seite erkennt man die zweifenstrige Stube, deren ehemalige Bretterdecke eine Bohlen-Balkendecke imitierte. An sie schließt eine ehemals gewölbte Küche mit späterem offenen Kamin an. Von ihr aus wurde der ehemalige Kachelofen in der Stube geheizt (Die Anschlüsse sind noch vorhanden). Rückwärtig befindet sich ein kleiner Stall, der zuletzt als Gänsestall genutzt wurde. Auf der linken Haushälfte befindet sich eine kleine Kammer mit einer entstehungszeitlichen Bohlen-Balkendecke. An sie schließt die heutige Küche an. Rückwärtig folgt eine Waschküche mit Brunnen, die möglicherweise früher zum Stall gehörte.

Im Obergeschoss (OG), das über eine schmale, gerade und einläufige Holzstiege erschlossen wird, ist eine kleine Kammer eingefügt. Rückwärtig wurde Getreide oder Heu gelagert. Im 2. Dachgeschoss (DG) wurde einst Hopfen getrocknet.

 

Ausstattungsdetails: Bohlenbalkendecke in Kammer

 

Konstruktion: Aufgehendes Außenmauerwerk frontseitig wohl Sandsteinquader oder Ziegel, verputzt. Seitlich wird dieser Aufbau stufenweise, zum rückwärtigen Giebel hin, bis zur Sockelhöhe reduziert und durch Fachwerkaufbau ersetzt, der als einfaches Ständer-Strebensystem ausgebildet ist. Die Gefache sind mit Ziegeln gefüllt, heute verputzt; früher Sichtfachwerk, wie an der rückwärtigen Außenwand im Anbau noch zu erkennen ist.

Innenkonstruktion: Insgesamt Fachwerk, verputzt (lt. Eigentümer).

Böden: Insgesamt erneuert, wohl ursprünglich Fliesen in Flur und Küche; sonst Dielen- und Riemenböden, im rückwärtigen Stall wohl Lehm oder Pflaster;

Decken: In der Stube ehemals Bretterdecke, die Bohlen-Balkendecke andeutete. In der Kammer Bohlen-Balken-Decke; in der Küche ehemals gewölbt mit dt. Kamin; sonst mit Fehlboden; im Stall ungewiss.

Dachstuhl: Zweigeschossig. Liegender Kehlbalkenstuhl, gebeilt, verzapft, mit Holznägeln gesichert; interessant ist an ihm, daß er jeweils giebelseitig im Fachwerk als doppelt stehender Stuhl ausgebildet ist.

Dachdeckung mit alten gestrichenen Bibertaschen; bereits doppelt gedeckt.

Türen und Fenster: Ursprünglich wohl Kreuzbalkenfenster mit zweiflügeligen Schlagläden. Im Stallbereich eventuell vermauerte Stallfenster. Hochrechteckig gefelderte Türen wohl aus der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts.

 

Nutzung: Das Haus steht zurzeit leer. Es wird nach einem Nutzungskonzept gesucht.

 

Quelle und Literatur:

Denkmalkartierung der Marktgemeinde Schwanstetten von 1995erstellt durch Hermann Schubach, M.A.

Denkmäler in Bayern, Bd. 5 - Mittelfr., hrsg. Michael Petzet, München 1986, S. 476

StAN, BA Schwabach, Rep. 217/12 III

Weitergehende Informationen : siehe Literaturverzeichnis

Schwanstetten im September 2011

Alfred J. Köhl

Hofansicht

 

ergänzt im Januar 2024 - Zustandsbilder:

Bauarbeiten?

 

Dachstuhl - ungeschützt